Sehr geehrte Mitglieder der Methodensektion, liebe Kolleginnen und Kollegen,
es nähert sich die Herbsttagung der Methodensektion, an der ich leider nicht teilnehmen kann. Erlauben Sie mir deswegen, mich auf diesem Wege mit einigen Überlegungen an Sie zu wenden.
Auf der Tagesordnung in Berlin steht ein Punkt, den ich sehr problematisch finde: es sollte abgestimmt werden, ob nicht aktive Mitglieder aus der Sektion ausgeschlossen werden sollten, wobei unter Aktivität die mehr oder weniger regelmäßige Teilnahme an den Frühjahrs- und Herbsttagungen verstanden wird. Ich bin fest überzeugt, dass diese Strategie der Ausschließung und Ausgrenzung in die falsche Richtung geht. Stattdessen sollte man lieber überlegen, wie man als Sektion nicht nur überleben sondern langfristig florieren kann auch mit Mitgliedern, die nicht immer anwesend, aber trotzdem im Methodenbereich aktiv sind und die Entwicklung der Sektion mit Interesse und Sympathie verfolgen.
Es gibt eben eine ganze Reihe von interessanten, attraktiven, thematisch relevanten Veranstaltungen, die um unsere Zeit, unser Engagement und nicht zuletzt unsere finanziellen Ressourcen miteinander konkurrieren. Es ist ziemlich realitätsfremd zu erwarten, dass eine große Zahl von Soziologen mindestens zweimal jährlich an den Veranstaltungen der Methodensektion (oder irgendeiner anderen Sektion/Organisation) regelmäßig teilnehmen würde. Und ist das Ideal wirklich eine homogene, kompakte Gruppe, die sich selbst in geschlossenen Kreisen bestätigt und reproduziert?
Ich verlange nicht unbedingt, dass man das amerikanische Vorbild wörtlich übernehmen soll (Honour your best graduate student with a surprise Christmas present membership in the American Sociological Association) aber ein bisschen mehr Offenheit und Offensive in der Gewinnung neuer Mitglieder würden nicht schaden. Dabei wage ich mir sogar die für Outsider etwas gewöhnungsbedürftige Prozedur mit Aufnahmevortrag und darauffolgender Abstimmung in Frage zu stellen. Das Argument, dass damit gesichert wird, dass Mitgliedschaft in der Methodensektion ein wichtiges Signal der Kompetenz und Qualität für die methodologisch inkompetente Außenwelt sei, ist mit nicht unbekannt. Nur reflektiert dieses Argument nicht eher eigenes wishful thinking als die Realität? Ist jemandem ein einziger Fall bekannt, wo bei einer Einstellung in der Wissenschaft oder Berufung tatsächlich die Mitgliedschaft in der Methodensektion ein wichtigeres Kriterium war als andere Kriterien z.B. Publikationen, Forschungsvorhaben, Lehrerfahrungen? Wenn ja, würden wir sicher alle gerne davon erfahren.
Mein Vorschlag geht also in eine ganz andere Richtung. Um innerhalb der DGS und überhaupt in der deutschen Soziologie ein größeres Gewicht und mehr Einfluss zu gewinnen, braucht die Methodensektion mehr und nicht weniger Mitglieder, und die sollten aus einem breiten Spektrum kommen. In der letzten Zeit treffe ich an verschiedenen internationalen Konferenzen öfter junge eloquente deutsche SozialwissenschaftlerInnen, die hervorragende Forschung präsentieren und dabei souverän die State of the Art Methoden anwenden. Sie haben verschiedene inhaltliche Schwerpunkte und verstehen sich oft nicht primär als Methodiker. Aber wenn diese Leute dazu gebracht werden könnten, ihr zweites fachliches Zuhause in der Methodensektion zu finden (und ohne Aufnahmeprüfungen, bitte!), wäre dies eine Bereicherung nicht nur für sie, sondern insbesondere auch für die Methodensektion.
Auch wenn man auf die mechanischen Kontrollen der Präsenz verzichtet, kann man sich mit eleganteren Methoden von den verstaubten Mitgliedern trennen, die selbst längst vergessen haben, dass sie noch immer in der Mitgliederkartei der Methodensektion herumschweben. Eine einfache Möglichkeit wäre einen symbolischen jährlichen Sektionsbeitrag einzuführen. Die Summe sollte so niedrig sein, dass sie wirklich niemandem weh täte (z.B. 5 ), aber schon die Vorgehensweise, den Sektionsbeitrag zu überweisen, ein Minimum an Commitment und Mühe verlangt.
Mit freundlichen Grüßen Sonja Drobnic