Sehr geehrte Kollegin Löw,
Sie haben die Methodensektion um eine Stellungnahme bzgl. der Replik des CHE auf die DGS-Kritik gebeten. Ich erlaube mir, Ihnen eine persönliche Stellungnahme zukommen zu lassen:
Der meines Erachtens wichtigste Kritikpunkt gegen das CHE-Ranking ist bisher gar nicht zur Sprache gekommen: Einige der wichtigsten Indikatoren sind leicht manipulierbar, weil sie von den Betroffenen selbst erhoben werden. Die Informationen zu Drittmittelsumme, Promotionen und Zahl der Wissenschaftler werden schließlich bei den Instituten erhoben. Man muss schon ein sehr naives Menschenbild pflegen, wenn man glaubt, dass dabei nur objektive Zahlen gemeldet werden. Das CHE hat auch kaum Möglichkeiten, die Plausibilität der gelieferten Zahlen zu kontrollieren. Ein Ranking, das auf derart leicht manipulierbaren Daten beruht, ist sicherlich nicht akzeptabel. Statt Drittmittelanträge zu schreiben, lässt man das Komma beim Ausfüllen des CHE-Fragebogens "verrutschen" und schon ist man in der Spitzengruppe. Das ist ein wichtiger Unterschied zum WR-Rating, bei dem die "Peers" die Plausibilität der gelieferten Zahlen vermutlich einigermaßen einschätzen konnten.
Ansonsten muss ich aber dem CHE Recht geben: Das CHE-Ranking ist - gegeben die üblichen Restriktionen - ein durchdachtes und gelungenes Ranking. Das WR-Rating ist natürlich noch eine Klasse besser, aber es ist sehr aufwendig und berücksichtigt bisher nicht die Studierendenurteile. Deshalb fürchte ich, dass nichts Besseres nachkommt, wenn das CHE-Ranking kippt. Meiner Meinung nach wäre ein CHE-Ranking mit weniger Manipulierbarkeit und besseren Forschungsindikatoren (wir sind uns vermutlich alle einig, dass die Qualität der Publikationen der beste Forschungsindikator ist und nicht Drittmittel und Zahl der Promotionen) ein brauchbares Ranking. Noch besser wäre natürlich ein weniger aufwendiges WR-Rating. Aber wer weiß, wann das kommt.
Mit besten Grüßen Josef Brüderl